Für ein unverfälschtes Klangbild sind neutral klingende Lautsprecher ideal. Diese geben tiefe, mittlere und hohe Töne möglichst mit gleicher Lautstärke wieder. Nun wird die vom Hersteller angegebene Klangneutralität der Lautsprecher in den üblichen Hörräumen wie Wohnzimmer oder Heimkinoraum nicht erreicht. Die Akustik dieser Räume ist geprägt von Verzerrungen, wie sie in den schalltoten Audiolaboren der Lautsprecherhersteller nicht vorkommen.
Akustische Verzerrungen entstehen üblicherweise durch modale Kopplung sowie zwei unterschiedlich hervorgerufene Interferenzeffekte. Auf diese drei wesentlichen akustischen Verzerrungen wird im Folgenden genauer eingegangen.


Modale Kopplung:

Um die modale Kopplung zu verstehen, muss vorerst ein Verständnis für Raummoden hergestellt werden.
Raummoden sind natürliche Resonanzen, die durch die Geometrie des Hörraumes entstehen. Die Schallwellen interferieren in diesen Räumen, wenn sie zwischen Begrenzungsflächen (Wände, Decke & Boden) hin und her reflektiert werden. Die so entstehenden Interferenzen erzeugen Resonanzen, deren Frequenz von der Raumgeometrie abhängig ist.

Abbildung 1 zeigt drei mögliche Arten von Raummoden. Axiale Moden entstehen durch die Reflexion der Schallwellen über zwei Begrenzungsflächen, tangentiale Moden über vier Begrenzungsflächen und oblique Moden über sechs Begrenzungsflächen.

Abbildung 1: Raummoden

Die Frequenz der Mode kann über folgende Formel ermittelt werden:

\begin{align*} f_{{n_x}{n_y}{n_z}}=\frac{c}{2}\sqrt{\left(\frac{n_x}{L_x}\right)^2+\left(\frac{n_y}{L_y}\right)^2+\left(\frac{n_z}{L_z}\right)^2} \end{align*}

𝑛𝑥, 𝑛𝑦 und 𝑛𝑧 sind ganzzahlige positive Werte, welche die Art und Ordnung der Mode bestimmen. 𝐿𝑥, 𝐿𝑦 und 𝐿𝑧 beschreiben die Länge, Breite und Höhe des Raumes und 𝑐 die Schallgeschwindigkeit.

Im folgenden Beispiel werden die axialen Moden 1. bis 3. Ordnung eines quaderförmigen Raumes mit einer Länge von 5 Meter, einer Breite von 7,5 Meter und einer Höhe von 3 Meter berechnet.

Die Formel wird für die Berechnung der axialen Mode 1. Ordnung der Längsseite wie folgt eingesetzt:

\begin{align*} f=\frac{343,145486}{2}\sqrt{\left(\frac{1}{5}\right)^2+\left(\frac{0}{7,5}\right)^2+\left(\frac{0}{3}\right)^2} \end{align*}

Die Moden weiterer Dimensionen und Ordnung können der Tabelle entnommen werden:

Dimension / OrdnungLänge (5 m)Breite (7,5 m)Höhe (3 m)
1. Ordnung34,31 Hz22,88 Hz57,19 Hz
2. Ordnung68,63 Hz45,75 Hz114,38 Hz
3. Ordnung102,94 Hz68,63 Hz171,57 Hz

Abbildung 2 zeigt nun die Schalldruckverteilung der axialen Moden im Raum (1. Ordnung: rote Linie, 2. Ordnung: blaue Linie & 3. Ordnung: schwarze Linie). Unabhängig von der Ordnung entstehen an den Begrenzungsflächen grundsätzlich Schalldruckmaxima, da die Schallschnelle der Luftmoleküle an der schallharten Begrenzungsfläche auf null reduziert und somit der Schalldruck maximal wird.

Abbildung 2: Schalldruckverteilung axialer Moden

Die Schröder-Frequenz stellt die Übergangsfrequenz dar, unter der die tiefen Frequenzen von separaten Raummoden dominiert und über der sich die dicht aufeinanderfolgenden Raummoden in den mittleren und hohen Frequenzen überlappen. Die isoliert auftretenden Raummoden unterhalb der Schröder-Frequenz sind deutlich wahrnehmbar.

Die Schröder-Frequenz wird mithilfe der folgenden Formel berechnet:

\begin{align*} f_c=2000*\sqrt{\frac{T_{60}}{V}} \end{align*}

𝑇60 ist die Zeit die vergeht, bis ein in den Raum gegebenes Signal den Schalldruckpegel um 60 dB reduziert hat. 𝑉 steht für das Volumen des Raumes.

Die modale Kopplung beschreibt nun die Kopplung des/der Zuhörenden und des Lautsprechers über die modalen Schalldrücke die an den jeweiligen Positionen im Raum entstehen. Durch Raummoden angeregte Frequenzen werden lauter (hoher Schalldruck) oder leiser (geringer Schalldruck) wahrgenommen. Die optimale Position für Zuhörer und Lautsprecher ist eine nicht durch Raummoden unterhalb der Schröder-Frequenz angeregte Position.
Eine solche Position zu finden, ist schon bei der Betrachtung axialer Moden 3. Ordnung nicht möglich, sodass Kompromisse gemacht werden müssen.

Folgend ein Beispiel:

Bei Betrachtung von Abbildung 1 wäre nun ein Kompromiss den Lautsprecher auf einem Sechstel der Raumlänge und den Referenzplatz auf zwei Drittel der Raumlänge zu positionieren.
Die Schalldrücke der axialen Raummoden 1. und 2. Ordnung sind hier nicht so stark ausgeprägt. Die modale Kopplung gleicht das Schalldruckmaximum der axialen Mode 3. Ordnung an der Position des Referenzplatzes durch das Schalldruckminimum dieser Mode an der Position des Lautsprechers aus.

Ist eine Veränderung der Position nicht möglich, kann die Schallenergie durch geeignete Absorber reduziert und somit die Raummoden gedämpft werden.
Hierbei ist zu beachten, dass die üblicherweise an Begrenzungsflächen angebrachten porösen Absorber keinen Effekt auf Raummoden unterhalb der Schröder-Frequenz haben. Diese porösen Absorber wandeln Schallenergie in Form von Schallschnelle in Wärme um. Allerdings liegt, wie bereits dargestellt, die Schallschnelle an den Begrenzungsflächen bei null. Eine Umwandlung in Wärme kann nicht stattfinden.
In diesem Fall sind Membranabsorber, welche die Schallenergie in Form von Schalldruck durch eine Membran absorbieren, geeigneter.

Berechnung von Raummoden
𝑇60 s
Länge: mBreite: mHöhe: m
Schröder-Frequenz: Hz
1. Ordnung (Axial):[1-0-0] Hz[0-1-0] Hz[0-0-1] Hz
1. Ordnung (Tangential):[1-1-0] Hz[1-0-1] Hz[0-1-1] Hz
1. Ordnung (Oblique):[1-1-1] Hz
2. Ordnung (Axial):[2-0-0] Hz[0-2-0] Hz[0-0-2] Hz
2. Ordnung (Tangential):[2-2-0] Hz[2-0-2] Hz[0-2-2] Hz
2. Ordnung (Oblique):[2-2-2] Hz
3. Ordnung (Axial):[3-0-0] Hz[0-3-0] Hz[0-0-3] Hz
3. Ordnung (Tangential):[3-3-0] Hz[3-0-3] Hz[0-3-3] Hz
3. Ordnung (Oblique):[3-3-3] Hz


Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekt (auf Englisch: Speaker Boundary Interference Response, kurz: SBIR):

Während Raummoden unabhängig von der Position des Lautsprechers im Raum durch dessen Geometrie entstehen, bilden sich Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekten durch das Interferieren der Schallwelle, wenn sie zwischen Lautsprecher und Begrenzungsflächen hin und her reflektiert wird.

Betrachtet man einen erhöht in einem quaderförmigen Raum positionierten Lautsprecher, wird der Schall von den sechs Begrenzungsflächen des Raumes zur Quelle zurück reflektiert. Die Schallwellen der Reflexionen und des Direktschalls sind kohärent zueinander, was in einer konstanten Phasenverschiebung der beiden Wellen resultiert. Als Folge entstehen durch die Überlagerung der beiden Wellen Interferenzen. Abhängig von der Phasenverschiebung der reflektierten Schallwelle spricht man von konstruktiver bzw. verstärkender oder destruktiver bzw. abschwächender Interferenz. Eine Phasenverschiebung von 0°, 360° oder einem ganzzahligen Vielfachen von 360° resultiert in einer maximalen Verstärkung der überlagernden Wellen:

Abbildung 3: Maximale konstruktive Interferenz

Eine Phasenverschiebung von 180° oder einem ungeraden ganzzahligen Vielfachen von 180° resultiert in einer maximalen Abschwächung der überlagernden Wellen:

Abbildung 4: Maximale destruktive Interferenz

So entspricht die Intensität der resultierenden Welle der Vierfachen Intensität der Einzelwelle oder einer Intensität von null. Weitere Phasenverschiebungen resultieren in dazwischenliegenden Intensitäten.

Da die Frequenz von der Wellenlänge (𝜆) abhängig ist, lässt sich der Interferenzeffekt bei gegebener Distanz von Schallquelle und Begrenzungsfläche berechnen.

Die Formel zur Berechnung der Frequenz des Interferenzeffekts lautet:

\begin{align*} f=\frac{c}{\lambda} \end{align*}

So tritt destruktive Interferenz bei einer Distanz des Lautsprechers zur Begrenzungsfläche von einem Viertel der Wellenlänge auf (siehe Abbildung 5), da der Gangunterschied des Direktschalls mit dem Reflexionsschall vom Lautsprecher bis zur Begrenzungsfläche ein Viertel der Wellenlänge beträgt und sich von dort bis zum Lautsprecher zurück auf eine halbe Wellenlänge erhöht. Der Gangunterschied von einer halben Wellenlänge entspricht einer Phasenverschiebung von 180°.

Abbildung 5: Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekt

Abbildung 6 zeigt den Schalldruckpegel einer Quelle im Frequenzverlauf gemessen am Referenzplatz. Die Quelle ist ein Lautsprecher, der mit einem Abstand von ungefähr 4′ zu 1 (durchgezogene Linie), 2 (gepunktete Linie) und 3 (gestrichelte Linie) Begrenzungsflächen positioniert wurde. Eingangs beträgt die Phasenverschiebung 0° und der Interferenzeffekt zeigt sich in einer konstruktiven Interferenz bei 0 Hz (ca. +18 dB bei 3 Begrenzungsflächen). Je weiter die Frequenz ansteigt, desto größer wird die Phasenverschiebung zwischen der direkten und reflektierten Schallwelle. Bei ungefähr 80 Hz liegt diese bei 180° und es tritt destruktive Interferenz auf (ca. −23 dB bei 3 Begrenzungsflächen). Die Intensität des Interferenzeffekts steigt mit der Anzahl von Begrenzungsflächen. Die gestrichelt und gepunktete Linie mit einer destruktiven Interferenz von ca. −23 dB bei ungefähr 310 Hz zeigt den Interferenzeffekt mit einem Abstand des Lautsprechers von 1′ zu 3 Begrenzungsflächen.

Abbildung 6: Schalldruckpegel im Frequenzverlauf

Lautsprecher strahlen unter einem bestimmten Übergangsbereich (Baffle Step) kugel- und über diesem Bereich halbkugelförmig ab. Da der kugelförmige Bereich alle Begrenzungsflächen des Lautsprechers einschließt, sind Interferenzeffekte dort besonders ausgeprägt. Der Übergangsbereich beträgt vier Oktaven und ist von der Länge (𝑤) der schmalsten Seite der Schallwand des Lautsprechers abhängig.

Die Formel zur Berechnung der Frequenz des Baffle Step lautet:

\begin{align*} f=115824/w \end{align*}

Wie die Formel zur Berechnung des Interferenzeffekts sowie das Beispiel in Abbildung 6 zeigen, erhöht sich die Frequenz mit abnehmender Distanz zwischen Schallquelle und Begrenzungsfläche. Kann die Distanz soweit reduziert werden, dass der Interferenzeffekt erst mit oder nach dem Eintreten des Baffle Step-Effekts auftritt, kann dieser, aufgrund des halbkugelförmigen Abstrahlverhaltens der Schallquelle in diesem Bereich, deutlich reduziert werden.
Umgekehrt wäre es auch möglich die Distanz soweit zu vergrößern und damit die Frequenz soweit zu senken, dass diese außerhalb des Frequenzbereichs der Schallquelle liegt.

Berechnung des Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekts
Distanz zwischen Lautsprecher und Begrenzungsfläche: cmLänge der schmalsten Seite der Schallwand: cm
Beginn Baffle Step: HzEnde Baffle Step: Hz
1. Destruktive Interferenz: Hz1. Konstruktive Interferenz: Hz
2. Destruktive Interferenz: Hz2. Konstruktive Interferenz: Hz
3. Destruktive Interferenz: Hz3. Konstruktive Interferenz: Hz


Zuhörer-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekt (auf Englisch: Listener Boundary Interference Response, kurz: LBIR):

So wie Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekte durch das Interferieren der Schallwelle entstehen, wenn diese zwischen Lautsprecher und Begrenzungsflächen hin und her reflektiert wird, entstehen Zuhörer-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekte durch das Interferieren des Direktschalls mit dem Schall der Erstreflexion am Referenzplatz. Wie beim Lautsprecher-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekt resultiert die konstante Phasenverschiebung bei Kohärenz zwischen Direkt- und Reflexionsschall in konstruktiver bzw. destruktiver Interferenz. Die Höhe der Phasenverschiebung und damit die Art der Interferenz ist abhängig von der Verzögerung, gegeben über die Streckendifferenz zum Direktschall, mit welcher der Reflexionsschall am Referenzplatz eintrifft.

Abbildung 7 zeigt die Freifeldmessung des Interferenzeffekts mit einem Lautsprecher (S2) und einer Erstreflexion über die eingefügte Begrenzungsfläche. Das obere Diagramm zeigt die Impulsantwort sowie das untere Diagramm den Frequenzgang zeigt. Im Frequenzgang der interferierenden Wellen ist nun deutlich destruktive Interferenz erkennbar.

Abbildung 7: Erstreflexion über eine Begrenzungsfläche

Die Frequenzen der konstruktiven und destruktiven Interferenzen lassen sich unter Zuhilfenahme der Formel zur Berechnung der Frequenz des Interferenzeffekts wie folgt berechnen.

Konstruktive Interferenz tritt bei einer Phasenverschiebung von 360°, also einem Gangunterschied einer ganzen Wellenlänge, auf. Der Gangunterschied ist durch die Differenz der Strecke des Reflexionsschalls zur Strecke des Direktschalls gegeben:

\begin{align*} f_{constructive}=\frac{c}{(l_{reflection}-l_{direct})} \end{align*}

Destruktive Interferenz tritt bei einer Phasenverschiebung von 180°, also einem Gangunterschied einer halben Wellenlänge, auf:

\begin{align*} f_{destructive}=\frac{c}{2*(l_{reflection}-l_{direct})} \end{align*}

Abbildung 8 zeigt die destruktiven (durchgezogene Linie) und konstruktiven (gepunktete Linie) Interferenzen im Zeit- bzw. Streckenverlauf:

Abbildung 8: Desktruktive und konstruktive Interferenzen

Behandelt werden sollten nun die Frequenzen, bei denen die 1. destruktive Interferenz innerhalb des hörbaren Bereiches auftritt. Der hörbare Frequenzbereich liegt zwischen 20 und 20.000 Hz was einer Verzögerung von 0,025 bis 25 ms bzw. einer Differenz der Strecke des Reflexionsschalls zur Strecke des Direktschalls von 0,86 bis 857,86 cm entspricht. Erstreflexionen innerhalb dieses Bereiches sollten akustisch behandelt werden.

Hierbei können, wie bei Raummoden besprochen, Membranabsorber zur Behandlung der tiefen Frequenzen und poröse Absorber bei mittleren bis hohen Frequenzen eingesetzt werden. Da poröse Absorber Schallenergie in Form von Schallschnelle in Wärme umwandeln, muss der an der Begrenzungsfläche angebrachte Absorber eine entsprechende Dicke haben, um die Schallenergie effektiv umwandeln zu können. Das Maximum der Schallschnelle liegt bei einem Viertel der Wellenlänge.

Berechnung des Zuhörer-Begrenzungsfläche-Interferenzeffekts
Strecke des Direktschalls: cmStrecke des Reflexionsschalls: cm
Streckendifferenz: cmVerzögerung: ms
1. Destruktive Interferenz: Hz1. Konstruktive Interferenz: Hz
2. Destruktive Interferenz: Hz2. Konstruktive Interferenz: Hz
3. Destruktive Interferenz: Hz3. Konstruktive Interferenz: Hz

Quellen: