Die filmische Immersion kann durch den Einsatz von Körperschallwandlern erweitert werden. Neben der visuellen und akustischen Wahrnehmung des Filmes über Leinwand und Lautsprecher kann der LFE-Kanal des Mehrkanaltons für eine haptische Darstellung der Geschehnisse auf der Leinwand verwendet werden. LFE steht für Low Frequency Effects (Dolby) bzw. Low Frequency Enhancement (DTS). Der Kanal umfasst tiefe Frequenzen mit hohen Pegeln überwiegend im Bereich von 20 – 120 Hz (Dolby) bzw. 20 – 80 Hz (DTS) und dient der Wiedergabe von energiereichen Tonsignalen wie bspw. Explosionen.

Der LFE-Kanal wird üblicherweise über den Subwoofer des Lautsprechersystems wiedergeben. Der Kanal kann am Subwoofer-Ausgang des AV-Verstärkers abgegriffen und das Signal mittels Körperschallwandler in wahrnehmbare Schwingungen umgewandelt werden. Die Schwingungen werden über ein entsprechend vorbereitetes Sitzmöbel auf die Zuschauenden übertragen.

Folgend eine Anleitung zur Vorbereitung eines solchen Sitzmöbels mit anschließender Installation der Körperschallwandler und notwendiger Endstufe sowie der Konfiguration eines separaten digitalen Signalprozessors (DSP).

1. Vorbereiten des Sitzmöbels

Das Sitzmöbel wird vom Boden entkoppelt, um die anzuregende Masse möglichst gering zu halten. Als Entkopplungselement eignen sich Gummi-Metall-Puffer (GMP), die anstelle der Füße des Sitzmöbels angebracht werden. Für die Auswahl der passenden GMPs muss die Federkonstante berechnet werden.

Die Federkonstante 𝐶 (in N/mm) ergibt sich aus der Division von Druckkraft 𝐹 (in N) und Federweg 𝑠 bei Druck (in mm):

\begin{align*} C_d=\frac{F_d}{s_d} \end{align*}

Die Druckkraft lässt sich über die auswirkende Kraft auf das Sitzmöbel unter Last pro GMP bestimmen.

Der Federweg ergibt sich aus dem Isoliergrad und der Störfrequenz.
Der Isoliergrad beschreibt die Dämmung der Schwingung und beträgt 0 dB.
Die Störfrequenz beschreibt die Frequenz, in der das Sitzmöbel in Schwingung versetzt wird und stellt somit den Frequenzbereich des Körperschwallwandlers dar.

Die Betrachtung der Frequenz des LFE-Kanals verschiedener Filme zeigt einen maximalen Schalldruck im Bereich von 30 Hz, sodass dieser Wert als Störfrequenz innerhalb des Frequenzbereichs des Körperschwallwandlers festgelegt werden kann.

Der Federweg lässt sich am nachfolgenden Diagramm ablesen:

Berechnungsbeispiel:

  • Gewicht des Sitzmöbels: 156 kg
  • Gesamtgewicht der Personen: 240 kg
  • Wirkende Kraft: (156 kg + 240 kg) ∗ 9,80665 m/s² = 3883,4334 N

  • Anzahl der GMPs: 7
  • Druckkraft pro GMP: 3883,4334 N / 7 = 554,7762 N

  • Isoliergrad: 0 dB
  • Frequenzbereich des Körperschwallwandlers: 1 – 80 Hz
  • Störfrequenz: 30 Hz
  • Federweg: 0,5 mm

  • Federkonstante: 554,7762 N / 0,5 mm = 1109,5524 N/mm

Die Federkonstante beträgt in diesem Beispiel 1.109,5524 N/mm pro GMP.

2. Installation der Körperschallwandler

Es existieren zwei Typen von Körperschallwandlern: die kolben- und die schwingspulebasierten Wandler.
Die kolbenbasierten Körperschallwandler arbeiten am besten bei energiereichen tiefen Frequenzen und können haptisch wahrnehmbare Schwingungen erzeugen. Aufgrund des hohen Kolbengewichts wird die Energie bei hohen Frequenzen nicht in Schwingungen, sondern in potenziell schädliche Wärme umgewandelt.
Schwingspulebasierte Wandler haben keine hohe Masse und können daher in tiefen Frequenzen keine haptisch wahrnehmbaren Schwingungen erzeugen. Sie erzeugen in hohen Frequenzen haptisch, aber auch akustisch, über den Luftschall, wahrnehmbare Schwingungen (ähnlich dem Funktionsprinzip dynamischer Lautsprecher), welche wiederum die akustische Wahrnehmung des Filmes stören können.
Für eine haptische Darstellung der Geschehnisse auf der Leinwand scheinen die kolbenbasierten Körperschallwandler demnach besser geeignet und werden im Folgenden verwendet.

Das Sitzmöbel und die Konstruktion für die Montage der Körperschallwandler müssen miteinander versteift.
Zur Aufnahme der Körperschwallwandler eignen sich Leimholzplatten aus Hartholz wie Buche oder Eiche mit einer Stärke von mindestens 2,5 cm und einer Breite von ca. 5/3 der Breite des Körperschallwandlers.
Diese Platten werden an der Unterseite über die gesamte Länge zuzüglich Montagefläche für die Körperschallwandler mit dem Sitzmöbel verschraubt:

Das Sitzmöbel mit Konstruktion für die Montage der Körperschallwandler.

Die Körperschallwandler werden anschließend auf der überstehenden Fläche montiert:

Auf der Platte montierter Körperschallwandler.

3. Installation der Endstufe

Aufgrund der hohen Leistungsaufnahme der Körperschallwandler ist eine Klasse-AB-Endstufe aus dem Public Address (PA)-Bereich empfehlenswert. Es ist darauf zu achten, dass die Endstufe Frequenzen unterhalb von 20 Hz wiedergeben kann. Dies ist aus den Spezifikationen der Hersteller nicht immer ersichtlich und muss gegebenenfalls ausprobiert werden.

Der LFE-Kanal dient der Endstufe als Eingangssignal und wird über den Subwoofer-Ausgang des AV-Verstärkers bereitgestellt. Das Bassmanagement des AV-Verstärkers sollte deaktiviert werden, um tiefe Frequenzen die keine Effekte darstellen, wie bspw. Musik, nicht über die Körperschallwandler wiederzugeben.
Anschließend wird das unsymmetrische Ausgangssignal des AV-Verstärkers für den symmetrischen Eingang der PA-Endstufe mithilfe einer aktiven DI-Box umgewandelt. Die Körperschallwandler werden an den Ausgängen der Endstufe über speakON-Steckverbindungen mit Strom versorgt.

4. Konfiguration des digitalen Signalprozessors

Dem AV-Verstärker wird ein DSP vorgeschaltet, um ein Anschlagen der Körperschallwandler bei zu hohen Pegelspitzen zu verhindern.
Der DSP ermöglicht die Dynamikkompression des LFE-Signals und wird üblicherweise über folgende Werte eingestellt:

Die Einstellung des Kompressors.
  • Threshold: Gibt den Schwellenwert an, ab dem der Kompressor das Signal bearbeitet (Bsp.: Das Signal wird ab -25 dB komprimiert).
  • Ratio: Gibt das Verhältnis zwischen dem Anstieg des unkomprimierten Eingangs- und komprimierten Ausgangssignals an (Bsp.: Steigt das Eingangssignal um 50 dB, steigt das Ausgangssignal um 1 dB).
  • Attack: Einschaltzeit in Millisekunden, die der Kompressor benötigt um das Ausgangssignal auf 63 % der Dynamikreduktion herunterzuregeln (Bsp.: Das Signal wird nach 15 ms auf 63 % des Ratio heruntergeregelt).
  • Release: Ausschaltzeit in Millisekunden, die der Kompressor benötigt um die Bearbeitung des Ausgangssignals einzustellen (Bsp.: Wird der Schwellenwert unterschritten, ist die Dynamikkompression des Signals nach 15 ms beendet).

Quellen: